Siedlungsgeschichte

Die Südrandsiedlung aus der Vogelperspektive

Historisches zu den Stadtrandsiedlungen

Zu den prekärsten Problemen der Weimarer Republik gehörte nach der Arbeitslosigkeit die Wohnungsnot. Ein kleiner Schritt wurde mit der Dritten
Notverordnung der Brüning-Regierung vom 8. Oktober 1931 getan. Danach sollten Erwerbslose und Kurzarbeiter in Form von Förderungen des Wohnungsbaus und als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme die Möglichkeit erhalten, sich in Eigenleistungen Wohnbesitz in sogenannten Erwerbslosen-Stadtrandsiedlungen zu schaffen.

Mit Verfügung des Sächsischen Ministeriums vom 10. November 1931 wurden der Stadt Chemnitz 300 Siedlungsstellen und dafür 750 000 RM Reichsdarlehen zugewiesen. Am 20. Januar 1932 brachte der damalige Dezernent des Wohnungsund Siedlungsamtes, Stadtrat Dr. Gleibe, die Kleinsiedlungs-Vorlage ein. Sie sah vor, in sechs städtischen Außenbezirken je 25 kleine Einfamilien-Doppelhäuser zu errichten, wobei jede Siedlerstelle eine Wohnfläche von 30 m² und einen Stall zur Viehhaltung sowie ein Grundstück mit einer Nutzfläche von 1000 m² im Erbbaurecht umfassen sollte. Die Gesamtkosten durften 3000 RM nicht übersteigen. Dazu wurde ein Reichsdarlehen von 2500 RM gewährt.

Die übrigen 500 RM sollten vom Siedler durch Eigenkapital, Eigenleistung oder Darlehen erbracht werden. Das waren natürlich ungewöhnlich bescheidene
Verhältnisse.

Zudem blieb die Finanzierung der Versorgungsleitungen, der Entwässerung und der Zufahrtsstraßen noch offen.

Trotz der noch offenen Probleme gingen die künftigen Siedler – das waren Arbeitslose aller Berufskategorien, vom Ingenieur und Handwerker bis zum
ungelernten Fabrikarbeiter – unter Aufsicht von Baufachleuten mit außerordentlichem Elan schon unmittelbar nach Annahme der Vorlage an die Errichtung ihrer eigenen Wohnstätten. Dabei entstanden die Siedlungen „Am Harthwald“ und „Südrandsiedlung“, die heute kontrastreich wohltuende grüne Oasen zum Häusermeer des „Heckert-Gebietes“ bilden.

Die Gründerjahre (1932 – 1939)

Der erste Spatenstich für die Südrandsiedlung erfolgte im Frühjahr 1932 an der Stollberger Straße und bereits Ende des Jahres wurden die ersten Häuser bezogen. In vorbildlicher Gemeinschaftsarbeit bauten sich die Arbeitslosen ihre Häuser zum großen Teil selbst.

Der erste Spatenstich

Das Bauland und das Material stellte die Stadt zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit Bau- und Spezialbetrieben sowie unter Anleitung von Beauftragten der Stadt hatte jeder Siedler mindestens 220 Arbeitstage ohne Entgelt zu arbeiten; das einzige Einkommen für die meisten war ein Wochenarbeitslosengeld von 11,- bis 18,- RM.


Richtfest eines Doppelhauses

Die vertraglichen Regelungen der Stadt für den Erwerb einer Anwartschaft auf Übertragung einer Siedlerstelle, d. h. die dort formulierten Pflichten der Siedler, waren für heutige Begriffe sehr hart (siehe dazu Anlage 1).


Häuslebauer 1932 (in der Mitte Gustav Schäfer)

Wer nicht richtig mitzog oder gar Kritik an überzogenen Forderungen übte, dem wurde die sofortige Entlassung aus dem Vertrag angedroht (siehe dazu Anlage 2).


Eichhörnchensteig

Der zum Bau einer Doppelhaushälfte zur Verfügung stehende Betrag von 2500 RM durfte nicht überschritten werden und ließ natürlich nur eine sehr einfache Bauweise zu.
Das künftige „Eigenheim“ hatte eine Grundfläche von 36m². Im Erdgeschoss gab es eine Wohnstube und eine Wohnküche mit je 11m²; in die restlichen 14 m² teilten sich das Treppenhaus, die Waschküche, das Trockenklo und der Stall mit Geräteschuppen. Über eine steile Holztreppe gelangte man ins Obergeschoss. Dort war ein kleiner Vorboden und ein gemeinsamer Schlafraum mit schrägen Wänden. Der Vorratshaltung diente ein knapp 8m² großer Keller.

Südblick

Trotzdem waren die Erbauer froh, für ihre Familien ein eigenes Häuschen mit Garten zu haben; auch die Miete von monatlich knapp 12,- RM war relativ günstig. Nur ein dreiviertel Jahr nach dem ersten Spatenstich fand am 15.11.1932 die
Gründungsversammlung des Vereins „Vorstädtische Kleinsiedlung Chemnitz, Südrandsiedlung“ im Restaurant „Zum Eichhörnchen“ an der Stollberger Straße / Ecke Markersdorfer Straße statt. Anwesend waren 77 Siedler sowie Stadtrat Dr.Gleibe, Oberstaatssekretär Neumann und Stadtbaumeister Gause.
Versammlungsleiter war Siedlerfreund Hermann Morgenstern, der sich auch beim Bau der Siedlungshäuser besonders verdient machte.

In diesen Räumen des Restaurants „Zum Eichhörnchen“ wurde der Siedlerverein gegründet

Mit 52 Stimmen wurde die Gründung des Vereins beschlossen. In der anschließenden Wahl des ersten Vorstandes wurden folgende Siedler gewählt:

Vorsitzender: Hermann Morgenstern, Baumeister
Rechnungsführer: Hugo Kieselstein, Metallformer
Schriftführer: Rudolf Neumann, Lagerhalter
Beisitzer: Karl Schubert, Zuschläger
Beisitzer: Alfred Geßner, Bauarbeiter

In der Vorstandsarbeit der ersten Jahre ging es vorrangig um die Durchsetzung von Forderungen an die Stadt zum Bau der Straßen und Straßenbeleuchtung sowie um die Beseitigung auftretender Baumängel, die aufgrund der sehr einfachen Bauweise und fehlender Entwässerungsmöglichkeiten vielen Siedlern großen Kummer bereiteten.

Rohbaufertiges Doppelhaus

In dieser Zeit fanden monatlich Mitgliederversammlungen statt. Die Protokolle dazu belegen, dass es oftmals sehr heiß her ging, weil den Siedlern auch mit zusätzlichen Gemeinschaftsarbeiten sehr viel abverlangt werden mußte.
Der Gründungsvorstand hat nicht nur viel erreicht beim Bau der Straßen und Wege sowie bei der Formierung einer Siedlergemeinschaft, sondern auch bei der materiellen Unterstützung der Siedler. In der Mitgliederversammlung am 12.12.1932 konnte z. B. bekannt gegeben werden, dass jeder Siedler 1 Regenfaß, 1 Hahn und 3 Hühner oder stattdessen Maschendraht im Wert von 10,- RM, 12 Sträucher, 2 Bäume, 1 Leiter und 1 Ballen Torfmull erhält.
Am 7.7.1934 – inzwischen waren die Nationalsozialisten an der Macht – wird der Vorstand „wegen mangelnder politischer Erziehungsarbeit“ vom Aufsichtsrat und Ortsgruppenleiter aufgefordert, unverzüglich geschlossen zurückzutreten. Als neuer Vorsitzender wird am 25.7.1934 Hans Hiltscher eingesetzt, ihm folgt am 11.10.1935 Reinhard Schlosser.
Am 17.12.1935 erlischt der Status des Vereins „Vorstädtische Kleinsiedlung Chemnitz, Südrandsiedlung“, und es erfolgt die Überführung in den neugegründeten „Deutschen Siedlerbund“. In den folgenden Jahren wird kein Vorstand mehr gewählt.

Straßenbau Eichhörnchensteig
Südblick

Der Vorsitzende heißt nun Siedlergemeinschaftsleiter und wird vom Kreisgruppenleiter des Siedlerbundes berufen. Der Vorstand heißt jetzt offiziell Siedlergemeinschaftsrat; seine Mitglieder werden in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister vom Siedlergemeinschaftsleiter berufen. In den Jahren 1934 / 35 wurden die ersten 4 Doppelhäuser der Kinderreichensiedlung „Eichhörnchen“ auf dem Eichhörnchensteig und 1 Haus am heutigen Meisenweg errichtet. Diesem Bauabschnitt folgten 1935 / 36 7 weitere Doppelhäuser auf der Grenzrode und das 2. Haus am heutigen Meisenweg.

Eichhörnchensteig Anfang

Obwohl auch in dieser Siedlung die künftigen Siedler umfangreiche Erdarbeiten leisten mußten, waren die Bedingungen für den Erwerb eines Siedlungshauses in der Kinderreichensiedlung wesentlich günstiger als in der Südrandsiedlung.

Grenzrode 12

Der Architekt Gerhard Schubert war zugleich Bauleiter. Er erteilte die Aufträge an die einzelnen Gewerke und sicherte die Finanzierung der erbrachten Leistungen mit den verschiedenen Kreditinstituten. Als Geldgeber fungierten die Sparkasse Chemnitz, die Kreditanstalt Sächsischer Gemeinden, die Stadt Chemnitz (Stadtbaudarlehen) und das Sächsische Wirtschaftsministerium (Wohnungsbaudarlehen).

Der Preis für eine Doppelhaushälfte mit 900 m² Grundstück (0,80 RM je m²) lag bei 8000 RM.

Zur Finanzierung erhielten die Siedler von jeweils 3 verschiedenen Kreditinstituten Darlehen im Gesamtumfang von 7500 RM, rund 500 RM mußte jeder selbst aufbringen.

Grundbedingung für den Erwerb einer derartigen Siedlerstelle war, dass mindestens 3 Kinder zur Familie gehörten sowie die Mitgliedschaft im „Deutschen Siedlerbund“.

Die Bauweise dieser Häuser war solider als die der Südrandsiedlung. Das Wohnhaus mit Anbau hatte eine Grundfläche von rund 73 m². Im Erdgeschoß des
Wohnhauses war ein Wohnzimmer, eine Küche und der Flur; im Obergeschoß waren 3 kleine Schlafzimmer und darüber ein Spitzboden. Im Anbau waren im Erdgeschoß ein Stück Flur, das Trockenklo, Waschküche und Stall und darüber der Heuboden.

Ein großer Vorteil war auch, dass Haus und Garten sofort das Eigentum der Siedler war.

Obwohl die Häuser der Kinderreichensiedlung etwas größer waren als die anderen, ist es heute kaum vorstellbar, dass in den Wohn- und Schlafräumen mit insgesamt 55 m² einige Familien mit 6, 7 oder 8 Kindern lebten. Bei Familie Riedel war die Anzahl der Kinder sogar noch höher.

Bis zum 16.10.1937 war die Kinderreichensiedlung „Eichhörnchen“ ein eigener Siedlerverein; Gemeinschaftsleiter war der Siedler Alfred Irmscher.

An diesem Tag erfolgte die Vereinigung mit der Südrandsiedlung. Reinhard Schlosser blieb Gemeinschaftsleiter und Alfred Irmscher wurde sein Stellvertreter.
Ende der 30er Jahre wurde das Wohngebiet langsam komplettiert.

Eichhörnchensteig 52

1936 eröffnete Erich Dietz an der Stollberger Straße 202 ein Lebensmittelgeschäft.

1937 wurde die Siedlung ans Nahverkehrsnetz der Stadt angeschlossen; es fuhr ein Bus zwischen Reichenhain und Restaurant „Zum Eichhörnchen“ an der Stollberger Straße. Nach dem Bau der Wendeschleife am Ellenbogen fuhr er ab 1938 fast bis
Siedlungsende.

Im gleichen Jahr eröffnete Frau Schimann an der Stollberger Straße ein weiteres Lebensmittelgeschäft, das später Konsum wurde und jetzt, nach völligem Umbau, eine Videothek ist.

In dieser Zeit bauten die Siedler nach einheitlichen Vorgaben und mit finanziellen Zuschüssen der Stadt hinter ihren 1932 und 1933 errichteten Wohngebäuden ein Nebengebäude für Stallungen, Heu, Stroh und Gartengeräte. Die intensive Nutzung der Gärten zum Anbau von Obst und Gemüse wurde vom Staat gefordert und vom Siedlungsamt kontrolliert. In den fast jeden Monat stattfindenden Mitgliederversammlungen wurden Fachvorträge über Kleintier- und Ziegenhaltung sowie Gartenbau und Schädlingsbekämpfung gehalten. Es gab Verantwortliche für Kaninchenzucht und Geflügelhaltung, für Obst- und Gemüseanbau sowie für Ziegenhalter. In einem Protokoll über eine Mitgliederversammlung heißt es zum Problem Tierhaltung z.B.:

„Die Ziege ist das wertvollste Haustier, sie liefert jährlich bis zu 800 l Milch.
Aber man soll nicht mehr Tiere halten, als man füttern kann.
Eine 4-köpfige Familie sollte nicht mehr als 1 Ziege, 6 Hühner, 1 Hahn und
2 Zuchthasen halten.“

Als Vorstand der Ziegenhalter wurde in dieser Versammlung Siedlerfreund Georg Neidhardt berufen.
Auch 6 Jahre nach Siedlungsgründung war das Problem „Wasser im Keller“ ein permanentes Ärgernis vieler Siedler, weshalb vom Gemeinschaftsleiter Schlosser erstmals die Forderung nach Kanalisation der Siedlung nachdrücklich formuliert
wurde. Keiner ahnte damals, dass der Kampf um eine Beschleusung der Siedlung noch rund 50 Jahre geführt werden mußte.

Im Herbst 1937 – kurz vor der Vereinigung mit der Kinderreichensiedlung – teilte das Siedlungsamt der Stadt Chemnitz den Siedlern der Südrandsiedlung in einem Schreiben mit, dass die im Siedlervertrag festgesetzte Probezeit mit Jahresende
ausläuft. Den Siedlern, die ihren Verpflichtungen in finanzieller und wirtschaftlicher Beziehung nachgekommen sind und bei denen sonstige Bedenken nicht mehr bestehen, wurde die Zusage gemacht, das Mietverhältnis, nicht wie im Vertrag vorgesehen in Erbbau umzuwandeln, sondern direkt in Eigentum zu übertragen. Den Kaufpreis wollte die Stadt stunden, und er sollte von den Siedlern in langfristigen Tilgungsbeträgen zurückerstattet werden.

Bis zum Vollzug der Eigentumsübertragung sollte allerdings noch einmal kontrolliert werden, ob alle Auflagen von den Siedlern erfüllt wurden und ob sie ihr Haus auch ordnungsgemäß pflegen und instandhalten. (siehe dazu Anlage 3)

Dieser Prozess zog sich dann bis 1943 / 44 hin.

So begann es mit dem Siedlerheim

Da die Siedlerversammlungen und Vorstandssitzungen noch immer im Restaurant „Zum Eichhörnchen“ an der Stollberger Straße und zum Teil sogar im Markersdorfer Gasthof durchgeführt werden mußten, wurden verstärkte Anstrengungen unternommen, ein eigenes Siedlerheim zu errichten.

Im Frühjahr 1938 übergab die Stadt der Siedlung die Genehmigung zum Abriß einer nicht mehr benötigten Baracke in Heinersdorf. Sie wurde von den Siedlern abgebaut. Die Einzelteile wurden auf dem der Siedlung von der Stadt zur Nutzung übergebenen Flurstück 213/1 unmittelbar neben dem zugewiesenen Standort des künftigen Siedlerheimes, dem heutigen Sportplatz, abgelagert.

Wegen Geldmangel und fehlender Zuweisungen für Material wurde der Beginn des Aufbaus 2 Jahre verschoben.

So sah das Siedlerheim bis Mitte der 50er Jahre aus.

Der Ausbruch des 2. Weltkrieges lähmte zudem auch den Aufbauwillen der Siedler, so dass sich der Bau schließlich bis 1943 hinzog.
Im Juli 1938 trat Gemeinschaftsleiter Schlosser aus gesundheitlichen Gründen zurück; sein Nachfolger wurde Carl Neumann.

Die Kriegsjahre (1939 – 1945)

Die kontinuierliche Entwicklung kam ins Stocken. Zahlreiche Siedler und deren Söhne wurden zum Kriegsdienst eingezogen, die Siedlergemeinschaftsleitung mußte ständig umgebildet werden, und alle hatten mit sich selbst schon genug zu tun. Viele
Frauen waren mit ihren Kindern allein, der Mann war im Krieg, und die Sorgen um ihn und die viele Arbeit ließen keinen Platz mehr für Siedlerversammlungen oder Pflichtstunden für Gemeinschaftsaufgaben. Die Nachbarn halfen sich so gut es ging.

Es dauerte nicht lange, und der Krieg forderte seine Opfer auch unter unseren Siedlern.

An der Front fielen die Siedler Walter Fischer, Erich Lungwitz, Willy Resch, Rudi Gey, Richard Müller und am letzten Kriegstag August Schäfer.

Im Krieg gefallen sind die Siedler-Söhne Helmut Einenkel, Georg Hendel, Werner Abendroth, Rudi Abendroth, Kurt Wolf, Eberhard Kunis, Gerhard Ertel, Kurt Barth, Alfred Morgenstern, Rolf Morgenstern, Werner Schubert und Helmut Rau. Auch die Familien Jakobasch und Schimann verloren einen Sohn.

In dieser schweren Zeit schloß das Siedlungsamt der Stadt Chemnitz mit den einzelnen Siedlern einen Heimstättenvertrag ab, mit dem alle Modalitäten des Verkaufs von Haus und Grundstück geregelt wurden. Dies betraf vor allem den Grundbucheintrag und den Kaufpreis, der für die Gebäude mit 2450,- RM, für das lebende und tote Inventar mit 50,- RM sowie für das Grundstück mit -,80 RM je m² festgesetzt wurde. Das von den Siedlern aufzunehmende Darlehen lag somit bei rund 3500,- RM.

Die permanenten Klagen der Siedler über das Wasser in ihren Kellern und die Forderung nach einer Beschleusung der Siedlung führten im Heimstättenvertrag zu einem ersten Erfolg. Im § 22 Abschnitt A ist festgelegt: „Die Stadt ist berechtigt, auf
dem Grundstück eine Schleuse, die der Entwässerung von Grundstücken der 16 Südrandsiedlung dient, einzubauen und zu unterhalten und zu diesem Zwecke die nötigen Arbeiten auf dem Grundstück zu verrichten.“

Mit dem Vertrag sicherte sich die Stadt als Heimstättenausgeber nicht nur das Vorkaufsrecht, sondern sie legte auch eine Vielzahl von Regularien fest, bei deren Nichteinhaltung die Eigentumsrechte wieder an die Stadt übergehen (siehe dazu Anlage 4).

Im Herbst 1944 wurden die Menschen der Siedlung mit den Auswirkungen des Krieges ganz direkt konfrontiert. Tagelang zogen die Trecks der Flüchtlinge, aus Schlesien kommend, über die Stollberger Straße Richtung Neukirchen. Pferdewagen an Pferdewagen, beladen mit wenigen Habseligkeiten, kleinen Kindern, alten Leuten und Kranken. Neben den Wagen verstörte und von den unsagbaren Strapazen gezeichnete Menschen.

Einige dieser Flüchtlinge fanden bei verschiedenen Siedlern eine vorübergehende Bleibe.

Bis 1943 blieben wir in Chemnitz von Bombenangriffen verschont. Am 11.September 1944 wurde der Krieg aber ganz nah spürbar. Beim Tagesangriff auf das Industriegebiet Siegmar – und ganz speziell auf die Wanderer-Werke – flog das Bombergeschwader bei wolkenlosem Himmel direkt über unsere Siedlung. Die erste Bombe schlug keine 500 m hinter dem Siedlerheim ein. Der Krater hatte einen Durchmesser von mehr als 10 m; nicht auszudenken, wenn die Bombe 3 Sekunden früher ausgeklinkt worden wäre.

Glück im Unglück hatte die Siedlung auch bei den Bombenangriffen ab Februar 1945. Die Angriffe galten zwar der Stadt, aber aufgrund der schlechten
Wetterbedingungen wurden auch Randgemeinden wie Einsiedel, Erfenschlag oder der untere Teil von Markersdorf schwer getroffen. Die Südrandsiedlung blieb verschont. Es war vielleicht ihr Glück, dass die Flak-Batterien mit ihren großen Suchscheinwerfern, die gut 100 m hinter der Tankstelle Kreißig (jetzt Shell) standen, Ende 1944 abgezogen wurden.

150 mal war die Bevölkerung von Chemnitz bis zu diesem Zeitpunkt durch Sirenengeheul vor Luftangriffen gewarnt worden.

Hautnah erlebten die Bewohner der Siedlung die furchtbaren Angriffe am 5./6. März. Bereits 9.45 Uhr begann ein schwerer Angriff, und 243 amerikanische Superbomber entluden hunderte Tonnen ihrer tödlichen Last über Chemnitz.

Dieser Tagesangriff wurde in seiner Grausamkeit und seinen Verwüstungen noch übertroffen, als 21.40 Uhr erneut die Sirenen heulten und insgesamt 760
viermotorige britische schwere Bomber in mehreren Wellen wiederum hunderte Tonnen Sprengbomben, Luftminen und Brandbomben auf das Stadtgebiet abwarfen. Die Innenstadt wurde zu etwa 80% zerstört. Im gesamten Stadtgebiet wurden 167 Fabriken, 84 öffentliche Gebäude und rund 27.000 Wohnungen vernichtet;100.000 Chemnitzer wurden obdachlos.

Kaum war der Angriff vorbei, und die Siedler verließen ihre Keller, in denen sie Todesängste ausstanden ob des unvorstellbaren Getöses der krachenden Bomben, stellten sie mit Staunen fest, dass die Siedlung noch stand. Aber mit Entsetzen sahen sie die brennende Stadt und den glutroten Himmel, sie hörten das Knistern des riesigen Feuermeeres und das Schreien von Menschen, denn unmittelbar nach Angriffsende war die Stollberger Straße schon schwarz von tausenden flüchtenden Menschen. Viele Siedlungshäuser waren die folgenden Wochen vollgestopft mit ausgebombten Verwandten und Bekannten. Im Siedlerheim fanden für kurze Zeit einige ausgebombte Krankenschwestern des Zimmermann’schen Sanatoriums am Goetheplatz (heute Seniorenheim Herderstraße) erste Unterkunft.

Der Krieg dauerte aber immer noch 2 Monate, und im April erreichten die Amerikaner die Stadtgrenze bei Rabenstein.

Soldaten der Wehrmacht und Volkssturmleute wollten keine 10 m hinter dem Siedlerheim Schützengräben ausheben (Damals existierte der heutige Parkplatz nicht, und es ging gleich hinter dem Siedlerheim recht steil bergab). Der Boden war aber steinhart; bei einer Tiefe von etwa 30 cm gaben sie auf und bezogen am Hang der Stollberger Straße (jetzt Straßenbahntrasse) längs der Siedlung Stellung. Auf der Stollberger Straße wurden für einige Tage in Höhe der „Kolonie“ und vor der Tankstelle Kreißig aus dicken Baumstämmen Panzersperren errichtet. Bei Hendels an der Stollberger Straße wurde 1 Eiche gefällt und quer über die Straße gelegt.

Alle diese Maßnahmen führten dazu, dass der Amerikaner von Rabenstein aus die Siedlung mit Artillerie beschoß. Bei so einem Artillerieangriff wurde direkt an seinem Gartentor (jetzt Getränkehandel, Stollberger Straße 98) Herr Förster und ein Volkssturmmann getötet.
Bei einem weiteren Angriff schlugen auf dem Feld neben dem Meisenweg und am sogenannten Lichthäusel insgesamt 11 Granaten ein. Einem 10-jährigen Jungen (Heinz Riedel) riß ein Granatsplitter von der Schläfe bis zum Kinn die ganze Backe auf. In unzähligen Operationen über mehrere Jahre wurde die offene Gesichtshälfte Stück für Stück geschlossen.

3 weitere Granaten schlugen an einem Sonntagmorgen am unteren Ende des Gartens Grenzrode 15, mitten im Garten Grenzrode 8 und im Garten
Eichhörnchensteig 69 ein. Dabei wurde niemand verletzt, und der Schaden blieb gering.

In Folge dieser Artillerieangriffe wurden die Soldaten und der Volkssturm abgezogen, die Panzersperren verschwanden, und die Artillerie suchte sich neue Ziele.

Wenige Tage später war der Krieg zu Ende.

Das Leben während der letzten beiden Kriegsmonate war auch für die Menschen unserer Siedlung besonders schwer.

Die Versorgung mit Lebensmitteln funktionierte nicht mehr, es fuhr kein Bus, und Strom, Gas und Wasser standen auch nicht mehr zur Verfügung.

Ihr Trinkwasser mußten sich die Siedler an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten von einem Hydranten am Neukirchner Berg holen. Dazu fuhren sie mit dem Handwagen und Zinkbadewannen obendrauf oder Milchkannen, Fässer und große Töpfe drinnen, mit lautem Geklapper bis kurz oberhalb der Einmündung der jetzigen Wolgograder Allee. Über einen Feuerwehrschlauch erhielten sie ihr Wasser, und mit großer Vorsicht ging es über die Pflasterstraßen zurück. Diese Art der Trinkwasserversorgung war bis weit in den Sommer 1945 zu bewältigen.

Die Nachkriegszeit (1945 – 1949)

Die ersten Jahre der Nachkriegszeit waren geprägt von akuter Ernährungsnot. Jedes Fleckchen im Garten wurde zum Anbau von Gemüse, Kartoffeln und Getreide genutzt. Fast jeder ergatterte irgendwo ein Stück Pachtland, um für sich oder seine Kleintiere noch zusätzlich etwas anzubauen. Die Straßenränder und Straßengräben an der Stollberger Straße und die Feldraine und Feldwege wurden zur Futtergrundlage für Kaninchen und Ziegen.

Nach dem Abernten der Getreidefelder der Bauern stürmten die Siedlerfrauen und Kinder die Felder zum Ährenlesen. Zu Hause wurden die Ähren wie im Mittelalter gedroschen und die gewonnenen Körner zu Schrot vermahlen und zur Herstellung von Nahrungsmitteln genutzt.

Ähnlich war es zur Kartoffelernte. Noch vor dem Umackern der Felder wurden sie oft tagelang zum „Kartoffel stoppeln“, also nachlesen und nachhacken, von den Siedlern bevölkert.

Im Winter und Frühjahr fuhren die Siedler dann aber genauso wie die Städter zum „Hamstern“ in landwirtschaftliche Regionen.

In diese Zeit fiel auch die sogenannte „Bereinigung der Siedlung lt. Befehl Nr. 124 der Sowjetischen Militäradministration (SMA)“. Bei der Umsetzung dieses Befehls sollten aktive Nazis und Gestapohelfer aus der Siedlung ausgewiesen werden. Leider traf es auch einige unschuldige Mitläufer, was zu zum Teil sehr heftigen Diskussionen unter den Siedlern und zu Versammlungen führte. Nur die Familie Alfred Kind vom Südblick, der im Oktober 1953 das 1945 zu Unrecht weggenommene Siedlungshaus zurückgegeben wurde und die Familie Arno Kunis vom Eichhörnchensteig, die 1950 ihr Siedlungshaus zurückerhielt, hatten Erfolg mit ihren Einsprüchen.

Bis zur ersten Wahl eines neuen Vorstandes leitete Siedlerfreund Richard Wolf die ersten Schritte der Siedlergemeinschaft in die neue Zeit.
Mit Jahresbeginn 1947 wird in der Sowjetischen Besatzungszone der „Deutsche Siedlerbund“ aufgelöst und in eine „Siedler-Wirtschafts-Genossenschaft“ umgewandelt. Die Wahlen des neuen Siedlungsvorstandes fanden am 26. Januar 1947 in der Gaststätte „Heiterer Blick“ statt.

Dieser erste Vorstand nach dem Kriege wurde von 87 Mitgliedern einstimmig gewählt. Ihm gehörten an:
Vorsitzender – Kurt Schubert
Stellv. Vorsitzender – Richard Wolf
Hauptkassierer – Hugo Petzold
Schriftführer – Erich Klose
Gartenwart – Kurt Popig
Kleintierwart – Gustav Schäfer

In den ersten beiden Jahren ging es für sie vor allem um die Verteilung von Futtermitteln fürs Kleinvieh, um die Beschaffung von Düngemitteln, Pachtland und Saatgut. Wichtig war seinerzeit auch die Organisation von Flurschutz, um Diebstähle auf den Feldern der umliegenden Bauern und in den Siedlergärten einzudämmen.

Die DDR-Zeit (1949 – 1989)

In den 50er Jahren begann sich das gesellschaftliche Leben in der Siedlung zu entwickeln. Das Siedlerheim wurde Schritt für Schritt zu einer Begegnungsstätte der Siedler. Nicht nur die Mitgliederversammlungen fanden nun dort statt, sondern die Siedler suchten Geselligkeit, und sie begannen das Siedlerheim herzurichten.

Kinderfest 1951
Festumzug

Am 2. Pfingstfeiertag 1950 war es erstmals möglich, dort auch Bier zu kaufen. Die ersten Heimleiter waren die Siedler Paul Müller und Bruno Stelzmann. Im ersten Wirtschaftsausschuß schafften sich die Siedler Walter Uhlmann, Paul Haag und Liesbeth Börner. Sie waren es auch, die großen Anteil am Zustandekommen des ersten Kinderfestes nach dem Kriege hatten, und sie begründeten damit eine Tradition, die bis 1989 mit nur geringen Ausnahmen gepflegt wurde.

Umzug auf der Stollberger Strasse
Festplatz

Ende 1950 wurde die „Siedler-Wirtschafts-Genossenschaft“ aufgelöst, und die Siedler wurden Mitglieder in der „Kleingartenhilfe des FDGB“. Zur Neuwahl des Vorstandes im Februar 1951 greift Siedlerfreund Hermann Morgenstern als stellvertretender Vorsitzender, neben dem Vorsitzenden Kurt Schubert, wieder aktiv ins Siedlungsgeschehen ein. In den folgenden Jahren wird viel bewegt.

Die beiden verdienstvollen Vorsitzenden
Hermann Morgenstern und Kurt Schubert

1952 bauen die Siedler an der Buswendeschleife am Ellenbogen ein schmuckes Wartehäuschen. Für Material und eine kleine finanzielle Anerkennung stellte die Bezirksverwaltung Chemnitz 2800,- M zur Verfügung.

Bau des Wartehäuschens:
oben links Willy Mähner
vorn Walter Morgenstern
Familie Müller Paul, Hanni und Wolfgang, Willy Temmler, Elfriede Marschner

Im gleichen Jahr beginnen die Bauarbeiten am Wasserwerk Stollberger Straße, das 1953 fertiggestellt wird und in den 70er Jahren am Meisenweg großzügig ausgebaut wird.
Im Gleichklang mit der Entwicklung des Siedlerheimes (Heimleiter waren 1951 Paul Hillig und danach bis 1953 Elsa Schäfer), verlief die kulturelle Entwicklung.
Der ersten Aufführung von einfachen lustigen Sketchen der damaligen „wilden Jugend“ folgten in den Jahren danach richtig gute kulturelle Veranstaltungen der Jugend und vor allem der Siedler. Es entstand eine Singegruppe, ein Mandolinenorchester, eine Laienspielgruppe und auch eine Volkstanzgruppe.

Singegruppe: Leitung Willy Neumann
Traudl Maul, Inge Reinwardt, Emmi Morgenstern, Oliva Haag, Liddy Neumann, Käthe Borszik, Martha Einenkel

Diese Kulturgruppen, die zuerst unter der Leitung von Siedlerfreund Willy Neumann standen und später von Wolfgang Müller übernommen wurden, spielten nicht nur für unsere Siedler, sondern auch für andere Gartenvereine und zu Kinder-Weihnachtsfeiern.

Volkstanzgruppe: Renate Speck, Ruth und Ursula Schäfer, Ruth Gey, Inge Reinwardt, Ursel und Traudl Schumann

Die Mitglieder der Laienspielgruppe bauten im hinteren Viertel des Siedlerheimes eine richtige überhöhte Bühne, mit Umkleideräumen und Samtvorhang.

Mandolinengruppe mit Elsbeth Wünsch, Gerda Biedermann, Susanne Mähner, Hugo Petzold, Otto Sieber, Fritz Richter, Willy Mähner
Laienspielgruppe mit Wolfgang und Hanni Müller
Susanne Mähner
Wolfgang GroßeInge und Horst Reinwardt

1953 wurde die „Kleingartenhilfe des FDGB“ umgewandelt in den bis 1990 dann bestehenden „Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter“ (VKSK).

Die Neuwahl des Vorstandes (Spartenleitung) erfolgte in geheimer Wahl. Hermann Morgenstern wurde Vorsitzender (Spartenleiter), Walter Morgenstern sein Stellvertreter, Kurt Schubert übernahm den Wirtschaftsausschuß, Hugo Petzold blieb Hauptkassierer und Alfred Grimm Schriftführer.

Im gleichen Jahr fanden im Siedlerheim mehrere Filmvorführungen des „Landfunks“ statt, und die bis dahin namenlose Zufahrtsstraße zur Behälteranlage (im Volksmund „Jauchenstraße“ genannt) erhielt offiziell den Namen „Meisenweg“. Die Postanschrift für das Haus des Verwalters der Anlage änderte sich von Stollberger Straße 200 in Meisenweg 4 und bei den Siedlungshäusern von Eichhörnchensteig 46 a / b / c und
d in Meisenweg 3 / 5 / 7 und 9.

Die Kinderfestkarte kostete 1953 1,50 M, und dazu mußten noch 100 g Fleisch-, 20 g Zucker- und 30 g Fettmarken abgegeben werden.

Ende Juli wird im Siedlerheim das 1. Billard eingeweiht und je ein Billardklub der Siedler und der Jugendlichen gebildet, die jede Woche dann einen Billardabend hatten.

Im Oktober übernimmt Siedlerfreund Hans Maul für 3 Jahre die Heimleitung von Frau Schäfer.

1954 konnte der VEB Kraftverkehr endlich überzeugt werden, dass die Haltestelle für den Neukirchner Bus von der Tankstelle an das Wartehäuschen am Ellenbogen verlegt wird.

Am Siedlerheim erfolgte mit dem Anbau der Toiletten der erste Schritt zur Erweiterung der Baracke.
1955 wird Siedlerfreund Horst Reinwardt für 2 Jahre zum Vorsitzenden gewählt. In dieser Zeit beginnen die Siedler mit dem Ausbau ihrer Häuser, das Siedlungsbild verändert sich.

Da nach dem Abgang von Hans Maul als Heimverwalter kein Nachfolger gefunden wurde, stellten sich für diese Aufgabe zeitweilig die Siedlerfreunde Rudolf Einenkel, Kurt Schubert, Kurt Mader, Charlotte Mähner und Ruth Popp zur Verfügung, bis Familie Pegorer dann für einige Jahre die Heimleitung übernahm.

Der Einzug des Fernsehens in unser Leben veränderte auch die Lebensweise unserer Siedler. Die Teilnehmerzahlen der verschiedenen Kulturgruppen gingen zurück, und Anfang der 60er Jahre waren sie ganz verschwunden. Zu Mitgliederversammlungen, die in den ersten Jahren fast jeden Monat stattfanden, traf man sich nur noch viermal im Jahr. Die Siedler gingen immer seltener auf ein Glas Bier ins Siedlerheim. Die Folge waren permanente Probleme in der Bewirtschaftung.

Die Aktivitäten der Siedler lagen in den folgenden Jahren stärker auf dem Gebiet der praktischen Arbeit. Durch den Vorstand – von 1957 bis 1962 waren die Siedlerfreunde Wolfgang Müller und Heinz Stephan für jeweils 3 Jahre die Vorsitzenden – wurde die Mitarbeit der Siedler an mehreren Großobjekten organisiert.

Der Konsum und das inzwischen abgerissene Wohnhaus vom Schulze Bauer

1957 wurde an der Stollberger Straße der tiefe Straßengraben zwischen Meisenweg und Stollberger Str. 242 verrohrt, verfüllt und zum Fußweg umgestaltet. Im gleichen Jahr begannen auch die Erdarbeiten zum Bau eines Konsum-Lebensmittelgeschäftes. Im Rahmen des NAW (Nationales Aufbauwerk) wurden für diese beiden Aufgaben weit über 1000 Stunden freiwillige Arbeit geleistet. 1960 konnte die Konsumverkaufsstelle (heute Wirtshaus „Eichenpub“) eröffnen. Fast zur selben Zeit stellten „Dietzens“ und „Schimanns“ (Letztere gehörten schon seit 1958 zum Konsum) ihre Handelstätigkeit ein.

Einmauern des Siedlerheimes u.a. mit Wolfgang Große, Werner Petzold, Hans Maul

In dieser Zeit wurde auch kräftig am Siedlerheim gebaut. 1956 und 1957 wurde das Gebäude – damals noch Holzbaracke – mit Abbruchziegeln faktisch eingemauert, gleichzeitig wurde der Geräteschuppen und eine kleine Küche mit Lagerraum angebaut.
1962 wurde in einem ehemaligen Wochenendhaus der Familie Hille auf dem Eichhörnchensteig 59 eine Mangelstube eingerichtet, die bis Ende der 80er Jahre von den Siedlerfrauen rege genutzt wurde. Im gleichen Jahr wurde das letzte Stück des offenen Straßengrabens an der Stollberger Straße zwischen Meisenweg und dem heutigen Buswendeplatz zum Fußweg umgestaltet.

Trotz dieser vielfältigen Aktivitäten im NAW (Nationales Aufbauwerk) ging das gesellige Gemeinschaftsleben im und am Siedlerheim weiter zurück. Der
Generationswechsel in der Siedlung – und vor allem im Vorstand – war noch nicht vollzogen. Die erste Generation konnte aufgrund des Alters nicht mehr und die zweite Generation wollte noch nicht endgültig die Verantwortung übernehmen.

1962 übernahm deshalb Siedlerfreund Hermann Morgenstern – 30 Jahre nach seiner ersten Wahl zum Vorsitzenden – noch einmal die Verantwortung. Gemeinsam mit den Siedlerfreunden Kurt Schubert, Alfred Grimm und Wilhelm Kreher versuchte er, noch einmal neuen Schwung ins Gemeinschaftsleben zu bringen. Doch die Interessen der nächsten Generation gingen in eine andere Richtung.

Die zu DDR-Zeiten ständig angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt bewirkte einen verstärkten Ausbau der Siedlungshäuser und – da die Motorisierung unaufhaltsam voranschritt – auch den Garagenbau für’s eigene Auto.

Winter 1968/69
Grenzrode 6-12
Eichhörnchensteig

Ab 1964 bis weit in die 70er Jahrer wurde die große Gaststube zuerst als Warenlager an den „Konsument-Versandhandel“ und später als Lager an den VEB Mechanik vermietet.

Kantinenbetrieb fand nur noch in der kleinen Gaststube statt, auch die Mitgliederversammlungen beschränkten sich auf diese Räumlichkeiten.

Nach dem Ausscheiden der Altsiedler aus dem Vorstand, bewahrten die Siedlerfreunde Heinz Frech als Vorsitzender und Heinz Jockisch, Siegfried Fischer, Manfred Dorsch, Gerhard Effler und Manfred Knorr die Siedlergemeinschaft vor dem Auseinanderfallen. Schwerpunkte der Arbeit in dieser Zeit war die Beschaffung von Futtermitteln und Düngemitteln sowie die Durchführung von Kinderfesten. Auch die ersten Rentnerausfahrten wurden organisiert.

Auf Initiative von Siedlerfreund Wolfgang Große und durch aktive Mithilfe der jüngeren Siedler wurde der Zustand der Siedlungsstraßen durch Aufziehen von Schwarzdecke wesentlich verbessert.

So, wie es in den 50er Jahren der damaligen Jugend zuzuschreiben ist, dass im Siedlerheim die ersten Schritte zur Öffnung für gemeinsame Veranstaltungen getan wurden, so war es 25 Jahre später wieder.

Ende der 70er Jahre gründeten Jugendliche der Siedlung einen Jugendklub. Bevor sie jedoch Feste feierten und Diskoveranstaltungen durchführten, griffen sie zu Hammer, Meißel und Kelle.

Umbau der kleinen Gaststube 1977: Thomas Wünsch

Mit Unterstützung von WPO (Wohnparteiorganisation der SED) und WBA (Wohnbezirksausschuß der Nationalen Front), vertreten durch die Siedlerfreunde
Helmut Rothe und Walter Nötzel, leisteten vor allem die Jugendlichen Gerald Hanisch, Andreas Abendroth, Roland und Wolfgang Pegorer, aber auch Siedler wie Thomas Wünsch und Reinhard Klemz umfangreiche Sanierungs- und Renovierungsarbeiten am heutigen Vereinszimmer.

Umbau der kleinen Gaststube 1977: Ingrid Pegorer, Helmut Rothe, Andreas Schumann, Roland Pegorer, Reinhard Klemz

Nach Abschluß dieser Arbeiten führten die Jugendlichen nicht nur Klubabende und Diskoveranstaltungen durch, sondern Birgit Pegorer übernahm mit ihren Geschwistern auch die gastronomische Betreuung der Jugendlichen und den Bierverkauf für die Siedler.

Im Sog dieser Aktivitäten vollzog sich dann auch eine Neuformierung des Vorstandes.

1977 wurde Siedlerfreund Wolfgang Müller zum Vorsitzenden des Vorstandes gewählt, sein Stellvertreter wurde Thomas Wünsch.

In den folgenden Jahren bis zur Wende 1989 kam es dank einer fruchtbaren Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Kräfte der Siedlung zu einem erneuten Aufschwung auf allen Gebieten. Siedlungsvorstand, WBA, WPO und Abgeordnete – vertreten durch Wolfgang Müller, Walter Nötzel, Helmut Rothe, Bernd Modnejewski, Werner Petzold und Wolfgang Große – zogen alle an einem Strang.

Jährlich wurden wieder Wohngebiets- und Kinderfeste durchgeführt, tausende Arbeitsstunden am und im Siedlerheim wurden geleistet, und viele Probleme der Siedlung konnten im Interesse der Siedler gelöst oder auf einen guten Weg gebracht werden.

Die Vermietung der Hauptflächen des Siedlerheimes für Lagerzwecke von Betrieben wurde beendet und erste Maßnahmen zur künftigen Nutzung für Veranstaltungen der Siedler eingeleitet. Vom „Chemnitzer Hof“ wurden gebrauchte Tische und Stühle gekauft und von der „Wismut“ eine alte Theke.

Im März 1980 erhielt die Siedlung offiziell die beantragte Schankkonzession als Voraussetzung für die Eröffnung des Siedlerheimes als richtige Gaststätte.

Von 1979 bis 1984 wurde das gesamte Außengelände im Umfeld des Siedlerheimes gründlich umgestaltet. Allein zur Herrichtung des heutigen Sportplatzes wurden riesige Erdmassen benötigt, um das abschüssige Gelände anzuheben. Dank der Möglichkeiten von Siedlerfreund Wolfgang Große wurden dazu rund 40 Groß-Kipper-Ladungen angeliefert und mit Planierraupen verteilt.

Umbau des Außengeländes am Siedlerheim 1979

Der Stadtbezirk West stellte einige Sport- und Spielgeräte zur Verfügung, die heute schon großen Pappeln, Eschen und Kastanien spendierte die Stadt.

In unzähligen freiwilligen Arbeitsstunden haben Siedler und Jugendliche das Gelände planiert, den „Jauchenberg“ hergerichtet, die Spielgeräte aufgebaut und die Bäume gepflanzt. In aufwendiger Handarbeit wurden die Straßenborde gesetzt und die Zufahrtsstraße zum Siedlerheim angelegt.

In den Jahren 1980 / 81 wurde die große Gaststube total umgebaut. Dabei wurden die heutigen Nischen eingerichtet und die Theke aufgebaut. Das Material für die Holzverkleidung der Nischen stammt von der im Zuge des Umbaus abgerissenen Bühne. In mühevoller Arbeit wurden die Bretter zur weiteren Verwendung hergerichtet.

Umbau der großen Gaststube 1980/81: Wolfgang Müller, Walter Nötzel, Werner Schäfer

Ideengeber und Hauptakteur bei diesem Umbau war der Vorsitzende Wolfgang Müller, unterstützt wurde er dabei von 32 Helfern der Siedlung und des Jugendklubs, die für 3,- M Vergütung pro Stunde hunderte Stunden leisteten.

Kurz vor der Eröffnung der Gaststätte: Werner Schäfer, Siegfried Fischer, Wolfgang Müller

Mit der offiziellen Eröffnung des Siedlerheimes als Gaststätte „Zum Eichhörnchen“ am 1. August 1981 und dem Einsetzen der Siedlerfreunde Thomas Wünsch als Wirtschaftsleiter und Werner Petzold als Buchhalter sowie der Einstellung von Wolfgang Meißner als Heimbewirtschafter endet die jahrelange Tätigkeit von Birgit Pegorer als Verantwortliche für den Bierverkauf und die gastronomische Betreuung des Jugendklubs.

Die 80er Jahre wurden wesentlich mitgeprägt durch den Bau des „Fritz-Heckert-Gebietes“, das mit all seinen Vor- und Nachteilen kontinuierlich in die Siedlunghineinwuchs.

Baustelle Wasserwerk: Meisenweg/Stollberger Straße 1974

Bereits am 7. Oktober 1979 wurde die Straßenbahnlinie von Altchemnitz mit der Fertigstellung der Wendeschleife zwischen W.-Sagorski- und Markersdorfer Straße eingeweiht. (Im Bereich der Wendeschleife befand sich vorher der sogenannte „Leonhardt-Busch“, der viele Jahrzehnte als Müllkippe von den Siedlern genutzt wurde.)
Für den Bau der Straßenbahntrasse zum Hutholz wurde 1981 das traditionsreiche Restaurant „Zum Eichhörnchen“ (Der Name wurde, wie oben erwähnt, für das Siedlerheim übernommen.) und der danebenliegende Bauernhof der Familie Schulze abgerissen.

Die Markersdorfer Straße wurde für den Brückenbau, der sich lange hinzog, vorübergehend von der Stollberger Straße abgebunden.

Der Weiterbau der Straßenbahntrasse bis Hutholz tangiert die Häuser des „Ellenbogen“ unmittelbar und führte sogar dazu, dass Ende 1981 die direkte Zufahrt zur Stollberger Straße abgeschnitten und die Buswendeschleife abgerissen wurde. Infolge dieser baulichen Maßnahmen baute die Stadt neue Anschlußstraßen für „Südblick“ und „Ellenbogen“ durch das Neubaugebiet. Die neue Buswendeschleife wurde am Konsum, dem heutigen „Eichenpub“ errichtet. (Bis Mitte der 50er Jahre befand sich auf dem Gelände von „Eichenpub“ und Buswendeschleife der sogenannte „Richter-Busch“ mit seinen riesigen Laubbäumen.)

Die Inbetriebnahme der Straßenbahntrasse von der W.-Sagorski-Straße bis Endstelle Hutholz erfolgte am 5. Oktober 1985.

Ellenbogen

Mit dem Heranwachsen des Neubaugebietes verbesserten sich die Voraussetzungen für einen möglichen Anschluß der Südrandsiedlung an das Schleusennetz der Stadt. Die seit 1937 immer wieder einmal an die Stadt herangetragene Forderung zum Bau von Schleusen, die ab 1966, im Zusammenhang mit dem verstärkten Einbau von WC’s in den Siedlungshäusern, vom Vorstand mit Hinweis auf Hygiene und Mindestlebensstandard in verstärkter Form gefordert wurde, führte 1979 zu ersten Erfolgen. Die Stadt sicherte eine Realisierung bis 1985 zu, wenn alle Siedler mit Unterschrift erklären, dass sie mit dem Bau einverstanden sind und aktiv mithelfen werden.

Die Unterschriften wurden eingeholt und der Stadt übergeben. Trotzdem schleppte sich die Vorbereitung der Baumaßnahme hin, und die Einordnung der erforderlichen finanziellen und materiellen Leistungen in die Bilanzen und Pläne wurde von Jahr zu Jahr verschoben.

Zu Beginn der 80er Jahre schalteten sich auch WBA, WPO und Abgeordnete aktiv in die Vorbereitungen ein und nutzten alle sich bietenden Chancen der Einflußnahme. 1982 konnte Siedlerfreund Wolfgang Große erreichen, dass ein Schleusen-Anschlußpunkt an der W.-Sagorski-Straße für die Schleusen der oberen Siedlung vorbereitet wurde.

Durch den Bau der Elfgeschosser an der Stollberger Straße, vor allem der sogenannten „Stadtmauer“, traten neue Probleme für die Siedlung auf. Der vorher gute Fernsehempfang mit den verschiedenen Antennen auf den Dächern der Siedlungshäuser und den in Eigeninitiative der Siedler entstandenen Antennengemeinschaften „Grenzrode / Meisenweg“ und „Hohe Warte“ wurde deutlich schlechter.

Die gesellschaftlichen Kräfte der Siedlung setzten gegenüber der Stadt durch, dass das gesamte Wohngebiet an das Kabelnetz des Neubaugebietes angeschlossen wird. Voraussetzung dafür war allerdings, dass sämtliche Ausschachtungsarbeiten für die Kabelkanäle und das Verlegen des Koaxkabels im Rahmen der „Volkswirtschaftlichen Masseninitiative“ (VMI) durch die Siedler selbst erfolgen sollte. 1986 wurde dazu ein Projekt von VEB Radio- und Fernsehen für die Verkabelung der Südrandsiedlung und des Gebietes Kolonie / Steinberg erarbeitet.

1987 wurden die Erdarbeiten durchgeführt, hunderte Hauswände durchgespitzt, die Straßenbahnbrücke überquert, die Stollberger Straße unterquert, rund 13 km Kabel verlegt und 20 Verstärkerkästen aufgestellt. 168 Bürger der beiden Wohngebiete leisteten dazu 9800 Stunden und erhielten die Stunde mit 5,- M vergütet. Im I. Quartal 1988 wurden dann alle Häuser angeschlossen. Leider konnten die Anwohner die Ergebnisse dieser Arbeit nur knapp 6 Jahre nutzen. Nach der Wende wurden die gesamten Großantennen-Anlagen durch die Stadt an private Investoren verkauft. Diesen war die Betreibung der Anschlußanlage mit den 20 Verstärkern im oberen Teil der Siedlung nicht gewinnträchtig genug. Nach einer Übergangszeit von ein paar Monaten wurde dieser Teil abgeklemmt. Glücklicherweise hatte sich die Empfangstechnik inzwischen weiterentwickelt, und das Problem Fernsehen konnte
über Satelittenschüsseln gelöst werden.

Im Bereich Südblick / Ellenbogen (aufgrund seiner Lage wurde dieser Siedlungsbereich von den Siedlern nur kurz „Loch“ genannt) konnten die Probleme
mit dem Fernsehempfang schon 1986 gelöst werden. Die geringen Entfernungen zum Kabelnetz des Neubaugebietes gestatteten eine relativ unkomplizierte
Einbindung der Siedlungshäuser, die auch nach der Privatisierung der Anlagen beibehalten werden konnten.

Aber auch diese Verkabelung, die mit der Erdverlegung und Spannungsumstellung des ehemaligen Freileitungsnetzes und der Installation einer neuen
Straßenbeleuchtung verbunden wurde, war nur mit einem hohen Anteil von Eigenleistung der Siedler und großem Engagement bei der Organisierung der
erforderlichen Leistungen durch Ursula und Winfried Maier zu erreichen.

In den 80er Jahren wurde die noch bis ca. Mitte der 60er Jahre regelmäßig zur Fäkalienabfuhr genutzte Behälteranlage des VEB Stadtwirtschaft zur Gefahr für die dort oft spielenden und im Winter rodelnden Kinder, weil sie einsturzgefährdet war, und große Öffnungen nur provisorisch gesichert worden waren.

Das Haus des ehemaligen Behälterwarts nach dem Umbau

Im Ergebnis hartnäckiger Forderungen von Vorstand und WBA wurde 1985 / 86 mit Hilfe von 15 Sowjetsoldaten die Decke der Anlage und Teile der Wände abgerissen und das Ganze verfüllt. – 1987 wurden darauf 2 Kleingärten angelegt.

1985 und 1986 – inzwischen hatte Norbert Kramer die Heimbewirtschaftung übernommen – erfolgte, wiederum in Eigenleistung, der komplette Neubau der Küche mit Lager und Eingangsbereich, sowie der Einbau einer Warmwasserheizung mit Heizkessel im Keller. Hauptverantwortlicher mit hohem Anteil an Eigenleistung war wiederum der Vorsitzende Wolfgang Müller. Neben einigen Siedlern halfen auch hier Vertreter des Jugendklubs.

Nach fast 50 Jahren Kampf um eine Beschleusung der Südrandsiedlung begannen 1986 die Projektierungsarbeiten und die direkten Vorbereitungen für eine
Realisierung des Vorhabens. Da seitens der Stadt eine vollständige Einordnung des Vorhabens in die Bilanzen und Pläne nicht möglich war, mußten die Verantwortlichen der Siedlung einem Kompromiß zustimmen. Dieser sah vor, dass von der Stadt zwar die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, von den Siedlern sollten jedoch die gesamten Schachtarbeiten im Siedlungsbereich und die Materialbeschaffung für die Hausanschlüsse einschließlich Transport selbst organisiert werden. Sogar der abschließende Straßenbau sollte außerhalb des Planes durchgeführt werden. Die dazu erforderlichen Verhandlungen mit der Bezirksdirektion Straßenwesen wurden Siedlerfreund Wolfgang Große übertragen.

Unter diesen Bedingungen begannen die Arbeiten im Siedlungsbereich Südblick/Ellenbogen, zumal dort die Schleusenanschlußpunkte – so wie auch die Neubauten – direkt an der Siedlungsgrenze lagen.

Schleusenbau im Südblick

In Eigeninitiative der dort wohnenden Siedler und mit besonderem Einsatz der Siedlerfreunde Manfred Knorr und Ursula Maier sowie mit Unterstützung einer Baubrigade (6 – 8 Personen), die im Rahmen der VMI außerhalb der normalen Arbeitszeit half, wurden 1987 / 1988 22 Siedlerstellen an das Kanalnetz der Stadt angeschlossen. Dabei wurden 730 m Steinzeugrohre verlegt und 17 Schächte aufgemauert. Da die Baubrigade an mehreren Wochenenden arbeitete, war für jeweils 1 Tag je eine Familie für das warme Mittagessen für die Bauarbeiter verantwortlich.

1989 wurde – weitgehend in Eigenleistung – die Schleuse in den Vorgärten der Siedler an der Stollberger Straße verlegt. Dabei leisteten 14 Siedler insgesamt rund 1600 Stunden.

Dann kam die Wende: Die DDR mit ihren Gesetzen und Problemen verschwand, und wir wurden Teil der BRD mit neuen Gesetzen und anderen Problemen, aber auch mit neuen Möglichkeiten.

Das letzte Kinderfest im Spätsommer 1989

Die Jahre nach der Wende (1990 – 2002)

Nach der Wende wurden für Umweltobjekte der Kommunen finanzielle Mittel vom Bund zur Verfügung gestellt.

Da die Abwasserbeseitigung Bestandteil des Umweltschutzes ist und in der Südrandsiedlung ein derartiges Objekt bereits angearbeitet war und ein Projekt vorlag, wurden kurzfristig finanzielle Mittel zur Weiterführung dieses Vorhabens bereitgestellt. Noch im Jahr 1990 wurde die Kanalisierung an der Stollberger Straße abgeschlossen und an der „Hohe Warte“ und im unteren Bereich des „Eichhörnchensteig“ begonnen. Das ursprüngliche Projekt wurde insofern geändert, dass die Hauptschleuse nicht mehr in den Gärten der Siedler verlegt wurde, sondern in Straßenmitte. Gleichzeitig wurden große Teile des Trinkwassernetzes mit erneuert. Im Frühjahr 1992 war die gesamte Beschleusung der Südrandsiedlung abgeschlossen und die Forderung der Siedlungsgründer nach 60 Jahren endlich erfüllt. Ein sehr wertvolles „Nebenprodukt“ war dabei die grundhafte Erneuerung der Straßen Hohe Warte, Eichhörnchensteig, Grenzrode und Meisenweg.

Straßenbau im Februar 1991 am Eichhörnchensteig
Schleusenbau auf der Grenzrode im Spätsommer 1991
Schleusenbau auf der Grenzrode

Die neuen Möglichkeiten beim Angebot von Baumaterial, Farben und Technik führten zu einem Aufschwung in der Bautätigkeit und beim Verschönern der
Siedlungshäuser. In großem Umfang wurden neue Heizungssysteme eingebaut, die Dächer und Fassaden erneuert; einige Häuser wurden großzügig ausgebaut und erweitert, die alten Fenster und Türen wurden durch neue ersetzt und vieles andere mehr. Zusammen mit den neuen Straßen hatte sich die Siedlung zu einem echten Anziehungspunkt für Spaziergänger des angrenzenden Heckert-Gebietes entwickelt.

Auch das Siedlerheim hielt Schritt mit dieser Entwicklung. Neben der Verbesserung der technischen Ausstattung in der Küche sowie im gastronomischen und sanitären Bereich, wobei u. a. eine Ölheizung eingebaut, der Fußboden und sämtliche Fenster erneuert, ein Billardraum und eine zweite Toiletten-Anlage neu gebaut und Fassaden-Vollwärmeschutz angebracht wurde, konnte im Sommer 2000 ein idyllischer Biergarten den Gästen zur Nutzung übergeben werden. Vor dem Bau des Biergartens mußte jedoch erst der Nordgiebel und der Keller trocken gelegt werden. Dazu war die gesamte Hinterfront bis unter die Kellersohle auszuschachten, Drainagerohre verlegt und in die Abwasserschleuse eingebunden werden.

Baumaßnahmen

Möglich wurden diese notwendigen und umfangreichen Ausgaben für die Modernisierung sowie Instandhaltung und Instandsetzung durch die Verpachtung der
Gaststätte im Jahre 1990 an Siedlerfreund Andreas Gaul.

Mit der Verpachtung des Siedlerheimes „Zum Eichhörnchen“ und aufgrund der völlig veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nach der Wende änderte sich auch der Charakter des Siedlerheimes. Es ist nicht mehr nur Begegnungsstätte der Siedler, sondern überwiegend, als Gaststätte im Grünen, auch Stätte der Erholung und des Freizeitvergnügens der Bewohner des angrenzenden Heckertgebietes.

Das Siedlerheim Gaststätte „Zum Eichhörnchen“

Der leichte Trend, wieder hin zu gemeinschaftlichen Erlebnissen, zeigt sich auch in ständig steigenden Teilnehmerzahlen an den jährlich stattfindenden Siedlerausfahrten. Waren es 1996 bei der Fahrt nach Lichtenstein zur Landesgartenschau 24 Teilnehmer und 1998 beim Ausflug nach Dresden und Pillnitz 33, sind es 2002 bei der Siedlerausfahrt in den Spreewald und in den Folgejahren 45 Teilnehmer , die dabei viel schönes unserer Heimat von Ost bis West und bis ins Nachbarland kennen lernen.

Ausfahrt nach Dresden 1998
Ausfahrt ins Saaletal 2001

2003 ging es nach Bautzen, dann auf den Löbauer Berg und mit der Kleinbahn von Zittau nach Oybin.
2004 begeisterte der Wörlitzer Park alle.
2005 waren das Rosarium in Sangerhausen und die Rotkäppchen – Sektkellerei Freyburg das Ziel.

Sangerhausen 2005

2006 ging es ins Nachbarland nach Karlsbad und auf den Bärenstein.

2007 führte die Reise ins Frankenland nach Kulmbach und Staffelstein.
2008 begeisterte die östlichste Stadt Deutschlands – Bautzen – und auf der Rückfahrt das Barockschloß Rammenau.
2009 ging es ins Goitzscher Seenland bei Bitterfeld und nach Höfgen zur Schiffsmühle an der Mulde.
2010 waren das Panorama-Rundbild „Amazonien“ im Leipziger Panometer und eine Rundfahrt auf dem Cospudener See ein großes Erlebnis.
2011 führte die Reise in die ehemalige Bischofs- und Kaiserstadt Bamberg mit Fahrt auf dem Main.

Siedlerausfahrt nach Bamberg

Und im Zusammenhang mit dem 80. Siedlungsjubiläum ist für 2012 ein Ausflug ins schöne Vogtland und ins böhmische Franzensbad vorbereitet.
1992 und 1993 wurde die ganze Siedlung über Freileitungen an das Telefonnetz angeschlossen. Jeder, der einen Telefonanschluß wollte, wurde in dieser Zeit eingebunden.

Freileitungsgewirr
Abbau der Freileitungen

Da seit jeher der elektrische Strom auch über Freileitungen geliefert wurde, überspannte ein Gewirr von Drähten die Straßen.
Erst 5 Jahre später wurde auch dieser Nachteil überwunden. Von September 1997 bis März 1998 erfolgte die Spannungsumstellung auf 380 V, und es wurden alle Freileitungen unter die Erde verlegt und gleichlaufend die gesamte Straßenbeleuchtung erneuert.

Die für die Spannungsumstellung erforderlichen Trafostationen wurden im November 1995 am Meisenweg und im Oktober 1997 am Siedlungsende an der Stollberger Straße aufgestellt. Die alte Trafostation, das „Lichthäusel“, wurde nach Abschluß der Spannungsumstellung abgerissen.

Ab Herbst 1992 wurde am Rande der Siedlung der Bau- und Gartenmarkt „Hornbach“ errichtet und am 01.03.1993 eröffnet. Für die Siedler der
Südrandsiedlung war dies ein guter Tag, denn nun waren alle Beschaffungsprobleme von Baumaterial, Werkzeugen und Gartenbedarfsartikeln auf einen Schlag optimal gelöst.

Bau- und Gartenmarkt Hornbach an der Stollberger Straße

Nach 20 Jahren sehr engagierter Arbeit als Vorsitzender des Siedlerverbandes Südrandsiedlung Chemnitz e.V. verstarb der Siedlerfreund Wolfgang Müller im Mai 1997. Bis zur Neuwahl des Vorstandes im Oktober 1997 – zu der Marion Horvath als Vorsitzende gewählt wurde – war Siedlerfreund Thomas Wünsch amtierender Vorsitzender. Im Februar 2000 wird Siedlerfreund Werner Petzold zum Vorstands-Vorsitzenden gewählt.

Im Herbst 2000 wurde die Stollberger Straße im Bereich der Siedlung neu gebaut. Neben der Verlegung von Versorgungsleitungen wurde dabei auch die
Straßenbeleuchtung erneuert.

Beim Neubau des Fußweges vor den Siedlungshäusern wurden auch die von den Siedlern 1957 bei der Verfüllung des Straßengrabens verlegten Rohre durch neue ersetzt. Außerdem entstand ein zweiter Fußweg auf der anderen Straßenseite, wodurch nicht nur der Fußgängerverkehr sicherer wurde, sondern sich auch die Attraktivität der Siedlung weiter erhöhte.

Im 70. Jahr der Südrandsiedlung 2002 konnte zu den Jubiläumsfeierlichkeiten festgestellt werden , dass sich aus der Randsiedlung der 30er Jahre, ohne jeden Komfort, ohne Kanalisation, ohne ordentliche Straßen und Verkehrsanbindung eine moderne Eigenheimsiedlung mit ausgezeichneter Infrastruktur entwickelt hat.

Die Veranstaltungen im Jubiläumsjahr 2002 begannen bereits zur Walpurgisnacht am 30. April mit einem großen Hexenfeuer.

Hexenfeuer

Sie fanden ihre Fortsetzung mit einer Siedlerausfahrt in den Spreewald.

Spreewald

Und der Höhepunkt waren die Festveranstaltungen mit über 150 Siedlern und schließlich das große Siedler- und Kinderfest mit vielen Überraschungen. Im Angebot waren Kutschfahrten, Dart- und Kegelwettbewerbe, Hüpfburg, Bastelstraße, Reiten und Torwandschießen. Außerdem ein Blasmusik-Konzert mit der Chemnitzer Brass-Band und 20 Musikern, eine Geflügelausstellung und ein Kuchenbasar. Den Abschluß des Festes bildete am Folgetag ein Fußballspiel der Siedler gegen eine Mannschaft aus dem Heckertgebiet.

Zum Ende des Jahres 2002 fiel eine wichtige Entscheidung zum Siedlerheim, das 1943 auf einem der Stadt Chemnitz gehörenden Grundstück errichtet wurde. Man war seinerzeit froh, trotz Krieg den Aufbau bewältigt zu haben; behördliche Feinheiten spielten keine Rolle. So erfolgte in den letzten Kriegstagen auch kein Eintrag der Nutzungsrechte ins Grundbuch, und zu DDR-Zeiten, wo Grund und Boden ohnehin volkseigen waren, wurde der Siedlung auch nicht ein offizielles Nutzungsrecht übertragen. Nach der Wende erhielten die Eigentumsrechte eine völlig neue
Bedeutung. Obwohl die Siedlung seit 60 Jahren Grundsteuer entrichtete und das Grundstück pflegte und attraktiv umgestaltete, wurde wegen des Fehlens
behördlicher Dokumente das Besitzrecht angezweifelt. Es galt wieder der Grundsatz: Wem das Grundstück gehört, dem gehört auch alles, was sich darauf befindet; es sei denn, Abweichendes ist im Grundbuch dokumentiert.

In langwierigen Verhandlungen mit dem Liegenschaftsamt der Stadt Chemnitz, die sich mit Unterstützung einer Anwaltskanzlei über 2 Jahre hinzogen, konnte Ende 2002 erreicht werden, dass das Siedlerheim als Eigentum der Siedlung anerkannt und ein Nutzungsvertrag für 20 Jahre abgeschlossen wurde.

Im Frühjahr 2003 wurde das letzte Rudiment aus den Anfangsjahren der Siedlung beseitigt. Die Siedlungszufahrt von der Stollberger Straße bis zum Eichhörnchensteig war eine stark gewölbte grobe Kopfsteinpflasterstrecke, über die früher ständig die Bauern mit ihren Fuhrwagen holperten und die nicht einmal einen Namen hatte. Seit 1953 heißt sie Meisenweg. Nun erhielt sie eine Bitumendecke.

Das gestiegene Lebensniveau seit der Wende, das sich nicht nur in modernen Autos und renovierten Häuserfassaden zeigt, erfordert auch ein höheres Niveau in der Ausstattung der Gartenkantinen und Siedlerheime mit Gaststättenbetrieb. Besonders hohe Anforderungen stellt man auch an die sanitären Einrichtungen. In dieser Hinsicht sah es im „Eichhörnchen“ nicht gut aus. Seit Jahren plante man den Umbau und die Erweiterung der Toilettenanlage.

Im Juni 2004 war es dann soweit. Mit äußerst knapp bemessenen finanziellen Mitteln und viel Optimismus ging es ans Werk. Schon beim Abriß der alten Einrichtungen und der vollständigen Entkernung zeigte sich, dass ungleich höhere Aufwendungen erforderlich sind als gedacht.

Das Mauerwerk und die Kanthölzer waren marode, der Fußboden musste komplett bis in den Untergrund erneuert werden. Die Deckenhöhe war nicht ausreichend, also musste aufgemauert und ein vollständig neues Dach gebaut werden. In knapp einem Vierteljahr musste alles fertig sein. Hohe Einsatzbereitschaft war gefragt. Allein für Abriß und Drainagebau wurden 400 Stunden unbezahlte Arbeit geleistet. Die
aktivsten Siedler dabei waren Manfred Knorr, Thomas Wünsch, Werner Petzold, Gerhard Viertel und Edgar Mauersberger.

Ebenfalls unbezahlt erledigte Frank Gottschalk die Elektroarbeiten, Jens Ziegner verputzte die Wände und baute das Fenster ein, Roland Effler erledigte die Metallbauarbeiten. und Volker Lungwitz transportierte mehrere Bauschuttcontainer auf die Halde.

Die Spezialarbeiten wie Heizung, Sanitär, Trockenbau und Fliesen erbrachten Fremdfirmen.

Nach Abschluß aller Arbeiten und Vorliegen aller Rechnungen bestätigte sich, was im Verlaufe der Arbeit sich abzeichnete: Für 9000 € unbezahlte Rechnungen war kein Geld mehr da. Einen Bankkredit aufzunehmen war zu riskant, weil zu allem Überfluß fürs Jahresende die Wirtsleute kündigten.

Der Vorstand übernahm die Verantwortung und beschloß, private Darlehen zur Tilgung der Mehrkosten aufzubringen. 12 Mitglieder des Vorstandes und der
Revisionskommission deckten mit Darlehen über 500 € bzw. 1000 € diesen Fehlbetrag ab. Die Rückzahlung erfolgte innerhalb von 2 Jahren.

Im Herbst 2003 gab es in der „Freien Presse“ eine Notiz, dass im Bereich vom Baumarkt Hornbach ein Mobilfunkmast von Vodafon errichtet werden soll. Recherchen vom Siedlerfreund Züfle ergaben schließlich, dass besagter Mast auf dem Grundstück der Stadtwerke – 60 m neben den ersten Siedlungshäusern – stehen soll. Wegen befürchteter Strahlenbelastungen organisierte sich Siedlerprotest. Die „Freie Presse“ berichtete am 07. Mai 2004 erstmals darüber. Ende August, als die Erdarbeiten begannen, formierte sich eine Protestdemonstration an der Stollberger Straße / Einmündung Meisenweg. Rund 100 Siedler mit Transparenten machten die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam. Die „Freie Presse“ berichtete am 31.August darüber. Mitte September protestierten die Siedler vor dem Rathaus, eine Woche später legte Siedlerfreund Züfle den Standpunkt der Siedler vor den Stadträten dar.

Am 27. September, als die Betonierung des Fundamentes begann, blockierten rund 80 Siedler den ganzen Vormittag die Zufahrt zur Baustelle. Die Bauchefin der Stadtverwaltung erschien, die Polizei wollte die Blockade auflösen, sogar das MDR-Fernsehen kam und sendete den Siedlerprotest vom Abend im „Länderspiegel“.

Trotz aller Aktivitäten der Siedler und trotz Einschaltung eines Anwaltes und des Ganges zum Verwaltungsgericht Chemnitz und später zum Oberverwaltungsgericht Bautzen konnte der Mobilfunkmast nicht verhindert werden.
Am 3. und 4. November wurde das 67 m hohe Ungeheuer montiert.

Zur Mitgliederversammlung Anfang 2005 wird Thomas Wünsch Vorsitzender des Siedlervereins. Er übernimmt die Aufgabe von Siedlerfreund Werner Petzold, der nach 20 Jahren als Buchhalter des „Eichhörnchens“ und des Siedlervereins und 5 Jahren als Vorsitzender nur noch 1 Jahr als Stellvertreter des Vorsitzenden im Vorstand mitarbeitete.

Nach dem Weggang von Andreas Gaul, der 15 Jahre die Gaststätte „Zum Eichhörnchen“ als Wirt leitete, übernimmt ein Vierteljahr später, Anfang April 2005, Herr Mario Horniak die Aufgabe. Aufgrund des extremen Einwohnerrückganges im angrenzenden Heckertgebiet sinken die Gästezahl und der Umsatz so stark, dass sich die Fortführung des Gaststättenbetriebes nicht mehr lohnt. Nach 1 Jahr gibt Herr Horniak auf, ein neuer Wirt findet sich nicht.

Der in den 70er Jahren gebaute längste 11-Geschosser von Chemnitz am Rande der Südrandsiedlung – die sogenannte Stadtmauer – wurde 2008, rund 30 Jahre nach dem Neubau, weitgehend wieder abgerissen. Aufgrund fehlender Arbeit in den Nachwendejahren und hoher Arbeitslosigkeit zog es zig-Tausende aus Chemnitz in den „Westen“. Der Wohnungsleerstand traf vor allem das Heckertgebiet, so dass zahlreiche Neubaublöcke abgerissen werden mussten.

Um den Siedlerverein trotz fehlender Pachteinnahmen lebensfähig zu halten und um Kosten für Instandhaltung, Pacht, Energie, Versicherungen und sonstige Fixkosten ordnungsgemäß begleichen zu können, wird seitdem das Siedlerheim tageweise für private Feiern wie Schulanfang, Geburtstage, Polterabende und sonstige Jubiläen vermietet. Außerdem wurde das Gemeinschaftsleben die Siedler aktiviert.

Seit September 2006 existiert ein Billardklub, dessen Teilnehmerbeiträge mindestens die an die Stadt zu entrichtende Grundstückspacht abdeckt. Von den Mehreinnahmen konnten 2010 sogar die bis dahin gemieteten 2 Billardtische samt Beleuchtung und Zubehör gekauft werden.

Für die Siedler und deren Kinder werden mehrmals im Jahr Veranstaltungen durchgeführt, deren Reinerlös in die Siedlungskasse fließt.

Großer Beliebtheit erfreuen sich das jährliche Schlachtfest und die Gänsebraten- Vorweihnachtsfeier, die von und für die aktiven Mitglieder der verschiedenen Gruppen sowie den Verantwortlichen des Siedlervereins stattfinden.

Das erstmals am 30.10.2008 durchgeführte Halloween-Fest war ein voller Erfolg und wird mit steigenden Teilnehmerzahlen seitdem durchgeführt. Nicht nur die Kinder haben viel Spaß beim Spielen, Tanzen, Schminken und auch beim Knüppelkuchen backen am offenen Lagerfeuer, sondern auch die Eltern und viele Gäste greifen kräftig zu beim Kuchenbasar, bei Rostbratwurst und diversen Getränken.

Für die Kinder endet das Fest bei eintretender Dunkelheit mit einem Lampionumzug durch die Siedlung, und die Erwachsenen sitzen noch viele Stunden im Siedlerheim und lassen den Tag zünftig ausklingen.

Für die Bewirtschaftung derartiger Veranstaltungen und bei Mitgliederversammlungen engagieren sich der im Vorstand für Kulturarbeit zuständige Siedlerfreund Günter Weißgerber und seine Frau mit Einsatzfreude und vielen guten Ideen. Beide sind auch sehr aktiv in der im Oktober 2010 gegründeten Theatergruppe, die mit lustigen Vorführungen die Zusammenkünfte der Siedler bereichert.

Seit Oktober 2010 wird im Siedlerheim auch etwas für die Gesundheit und das Wohlergehen getan. Siedlerfreundin Brünnler leitet seitdem regelmäßig einmal pro Woche einen Yoga-Kurs und die Biker treffen sich wiederholt zu gemeinsamen Ausfahrten.

Die verstärkte Nutzung des Siedlerheimes und die gestiegenen Ansprüche der Menschen verlangen aber auch – wenn die Beliebtheit dieser Einrichtung nicht zurückgehen soll – dass die Räumlichkeiten attraktiver werden. Deshalb wurde 2009 die kleine Gaststube grundlegend erneuert. Da die Raumhöhe sehr niedrig war, wurde die alte Deckenkonstruktion ausgebaut und eine komplett neue Decke eingezogen, die alte Wandverkleidung entfernt, die Wände mit Gipskartonplatten begradigt und eine moderne Deckenbeleuchtung installiert. Die Abrissarbeiten erfolgten im unbezahlten Einsatz von Vereins- und Verbandsmitgliedern, die Einbauarbeiten und das Vorrichten durch Firmen.

Die Veranstaltungen zum Jubiläumsjahr 2012 „80 Jahre Südrandsiedlung“ begannen am 30. April mit einem Frühlingsfest zur Walpurgisnacht, dem Tag
angemessen mit einem zünftigen Lagerfeuer, mit Getränkeausschank, gegrillten Steaks, Rostbratwürsten und viel Stimmungsmusik. Es kamen nicht nur die Siedler zahlreich, sondern die jährlichen Veranstaltungen zur Walpurgisnacht am „Eichhörnchen“ haben sich auch im angrenzenden Heckertgebiet herumgesprochen, so dass wieder rund 1000 Gäste das Gelände bevölkerten und bis nach Mitternacht ums Feuer tanzten.

Für das leibliche Wohl sorgt (bereits seit 2006, als der letzte Betreiber der Gaststätte „Zum Eichhörnchen“ kündigte,) Siedlerfreund Axel Gruß. Er ist Betreiber einer anderen Gaststätte und wurde vom Vorstand der Siedlung damit beauftragt.

Zum ersten Mal fand am 30.4.2012 ein Trödelmarkt mit Spenden der Siedler statt.

Auf Initiative der Theatergruppe wurden Mitte Mai sämtliche Rentner, die Mitglied im Siedlerverein sind, zu einem gemütlichen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen eingeladen. Für viel Heiterkeit und herzliches Lachen sorgte dabei die Theatergruppe.

Mitte Juli steigt dann das große Sommerfest und im September die Siedlerausfahrt.

80 Jahre Südrandsiedlung
Es ist wunderschön festzustellen, dass trotz mehrmaligen Wechsels
der Gesellschaftsordnung, nach zum Teil zweifachem Generationswechsel
und einer ganzen Reihe neu zugezogener Siedler, auch nach dieser langen
Zeit das Gemeinschaftsleben in der Südrandsiedlung sehr gut funktioniert.

Anlage 1

Auszug aus dem Vertrag, der im Sommer 1932 von der Stadt Chemnitz mit jedem künftigen Siedler abgeschlossen wurde:

§1
Der Siedler verpflichtet sich, wenigstens 220 Arbeitstagewerke im Wege der Selbst- oder Nachbarschaftshilfe bei der Errichtung der Südrandsiedlung gegen Einräumung einer Anwartschaft auf Übertragung einer Siedlerstelle zu leisten.
… Der Siedler ist verpflichtet, den Anweisungen der Stadt und deren Beauftragten hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten Folge zu leisten. Er unterwirft sich einer Arbeitsordnung. Bei Verstößen des Siedlers gegen seine Verpflichtungen ist die Stadt berechtigt, den vorliegenden Vertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen.
Die Stadt ist ferner zur Kündigung berechtigt, wenn
1. der Siedler körperlich ungeeignet ist,
2. der Siedler insgesamt länger als 4 Wochen erkrankt ist und keinen genügenden Ersatz auf
seine Kosten stellt,
3. die Leistungen des Siedlers trotz Ermahnung unter der normalen Arbeitsleistung eines
Arbeiters zurückbleiben.

§3
… Das Miet- (Pacht-)verhältnis kommt durch Übergabe der Siedlerstelle an den Siedler, seine Ehefrau und Kinder zustande unter der Voraussetzung, daß er seine jetzige Wohnung dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stellt.

§5
Der Siedler hat die Stelle einschließlich des Inventars unter Mitwirkung seiner Familienangehörigen ordnungsgemäß zu unterhalten und die erforderlichen Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten, insbesondere an den Wohn- und Stallbauten, Einfriedungen und den Anlagen für die
Abwasserbeseitigung auf seine Kosten vorzunehmen.
… Die Stadt hat das Recht, zur Überwachung der Pflichten des Siedlers die Siedlerstelle und alle
Räume des Hauses jederzeit auch durch Beauftragte besichtigen zu lassen.
… Kommt der Siedler der Aufforderung zur Vornahme erforderlicher Instandsetzungsarbeiten nicht
oder in unzureichender Weise nach, .. hat die Stadt das Recht, den Vertrag fristlos zu kündigen.

§13
… Die Stadt wird dem Siedler nach Maßgabe der vorhandenen Mittel stellen:
5 Hühner, 1 Schwein, 1 Ziege
Dung, soweit der Boden ihn benötigt, einige Obstbäume, einige Sträucher
Ferner an Geräten:
1 Spaten, 1 Gießkanne, 1 Schaufel, 1 Sichel
2 Hacken groß und klein, 1 Gartenschere, 1Beil
2 Rechen Holz und Eisen, 1 Hammer, 1 Handsäge,
2 verzinkte Eimer, 1 Jauchenschöpfer.

§14/b
Sollte der Siedler mit den von ihm zu leistenden Zahlungen länger als 4 Wochen im Rückstand bleiben, so erklärt er sich ausdrücklich einverstanden, daß die fälligen Rückstände … über die Zwangsvollstreckung im Verwaltungsverfahren… beigetrieben werden.

Unterschriften: Siedlungsamt, Dr. Gleibe – Stadtrat
Siedler Ehepaar

Anlage 2

Auszug aus einem Schreiben vom Wohnungs- und Siedlungsamt des Rates der Stadt Chemnitz vom 13. Juli 1932

An alle Stadtrandsiedler

Von mehreren Siedlern gehen uns in den letzten Tagen schwerwiegende Klagen darüber zu, daß von bestimmter Seite versucht wird, in die Reihen der Siedler Unruhe zu stiften und sie agitatorisch gegen die Stadtgemeinde aufzuhetzen.

Wir betonen, daß uns daran liegt, Siedlungen zu schaffen, in denen Siedler wohnen, die der verhetzenden politischen Agitation entzogen sind und in erster Linie ihre Befriedigung darin suchen, ihre Scholle zu bearbeiten und ihr kleines Siedlerhäuschen zu verbessern. Wir werden deshalb rücksichtslos gegen jede politische Verhetzung auf den Baustellen und während der Arbeitszeit einschreiten.

Siedler, die dem zuwiderhandeln, müssen sofort entlassen werden.

… Wir haben beschlossen, die Siedlerstellen durch Licht und Wasserzuleitung zu verbessern, was viele andere Städte rundweg abgelehnt haben. Weiter werden wir das Nothilfe-Essen weiter wie bisher liefern. Verbilligte Einzelfahrscheine auf der Straßenbahn sollen gewährt werden, sobald der Ferienausschuß der Stadtverordneten zugestimmt hat.

… Wer also wünscht, daß er bestimmt eine Siedlerstelle zugewiesen erhält und daß er dereinst in Ruhe und Frieden seine Siedlerstelle bearbeiten kann, der halte sich von Beteiligung an allen agitatorischen Veranstaltungen fern.

… Des ferneren sind an uns verschiedentlich Anfragen über die Höhe der Baukosten einer Siedlerstelle ergangen. Hierzu bemerken wir, daß für jede Siedlerstelle ein Reichsdarlehen bis zu 2500 RM verfügbar ist. Einschließlich der Siedlerhilfe darf das Grundstück nicht mehr als 3000 RM Herstellungskosten erfordern. Die Planungen der Siedlerstellen sowie die Baukosten, Nebenanlagen wie:

  • Kosten für Wasserleitung, Abortgruben, Einfriedung usw.
  • Lebendes Inventar, totes Inventar wie: Obstbäume, Sträucher, Hausgeräte, Dünger,Saatgut
  • Straßenbaukosten, Bauabgaben, Vermessungskosten, Aufschließung des Gebäudes, Architektengebühren, Bauleitungskosten und Sonstiges

haben dem Reichssiedlungskommissar zur Prüfung vorgelegen. Danach hat sich die gesamte Durchführung der Siedlerstelllen zu richten.

… Selbstverständlich wird, wie vom Reichssiedlungskommissar bewilligt, die Beschaffung des Kleinviehs und z.B. die äußere Umzäunung des gesamten Siedlungsgeländes im Rahmen der vorhandenen Mittel erfolgen.
Die in dieser Richtung umlaufenden gegenteiligen Nachrichten sind daher als falsch anzusehen.

gez. Dr. Gleibe
Stadtrat

Anlage 3

Auszug aus einem Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Chemnitz an die Siedler vom 12. Oktober 1937:

Die im Siedlervertrag festgesetzte Probezeit läuft mit Ende dieses Jahres ab. Es ist beabsichtigt, den Siedlern, die ihren Verpflichtungen in finanzieller und wirtschaftlicher Beziehung nachgekommen sind und bei denen sonstige Bedenken nicht mehr bestehen, die Siedlerstelle in Eigentum – statt wie im Vertrag vorgesehen in Erbbau zu übertragen.

Das Grundstücksgeld wird von der Stadt gestundet; es soll dann von den Siedlern in langfristigen Tilgungsbeträgen zurückerstattet werden.

… Bevor die Eigentumsübertragung durchgeführt wird, muß nochmals eine Prüfung der Siedler und ihrer Grundstücke durchgeführt werden.
… Bei Erneuerung des Außenanstriches sind die Wände des Wohn- und auch des Stallgebäudes in einem elfenbeinfarbigen, Türen und Fensterrahmen im braunroten, Fensterflügel im weißen Farbanstrich zu behandeln. Für ein Doppelhaus ist der Anstrich unbedingt gleichmäßig herzustellen.

Die ohne Genehmigung errichteten Behelfsbauten müssen bis zum 15. November abgebrochen werden. Eine Fristverlängerung kann keinesfalls gewährt werden.

… Von der Erfüllung dieser Forderungen wird die Übertragung der Stelle abhängig gemacht.

Gez.: Dr. Gleibe
Stadtkämmerer

Anlage 4

Auszug aus dem Heimstättenvertrag zwischen der Stadt Chemnitz und den Siedlern (abgeschlossen in den Jahren 1943/44):

§ 8
Für die Nutzung der Kleinsiedlung gilt folgendes:

  1. Die Gebäude sind nach den landesgesetzlichen Bestimmungen gegen Brandschaden zu versichern und dauernd versichert zu halten. Der Prämienschein und die Prämienquittungen sind der Stadt auf Verlangen zu jederzeit vorzulegen.
  2. Die Gebäude nebst Zubehör sind in gutem Zustand zu erhalten. Die zu diesem Zweck erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen sind unverzüglich vorzunehmen. Werden die Gebäude durch Brand ganz oder teilweise zerstört, sind sie sofort wiederherzustellen…
    Ein beabsichtigter weiterer Ausbau des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes hat nach den von der Stadt und der Bewilligungsbehörde genehmigten Plänen zu erfolgen.
  3. Die Siedler haben das Grundstück dauernd ordnungsgemäß als Kleinsiedlung im Sinne der Bestimmungen des Reichsarbeitsministers… gärtnerisch und als Kleintierhalter zu bewirtschaften und selbst zu bewohnen…
    Der Heimstättenausgeber (also die Stadt) ist berechtigt, das Grundstück und die Gebäude zu jeder angemessenen Tageszeit zu besichtigen oder durch Beauftragte besichtigen zu lassen.

§9
… Der Heimstättenausgeber kann von den Siedlern fordern: Das Recht zum Nachweis der Erbgesundheit der Siedler oder ihrer Rechtsnachfolger.

§11
Unbeschadet des Rechts, die Einhaltung des Vertrages zu verlangen, kann die Stadt als Heimstättenausgeber nach §§12 und 13 des Reichsheimstättengesetzes verlangen, daß die Siedler ihr die Siedlerstelle übertragen, wenn sie oder ihr Rechtsnachfolger

  1. gegen die Bestimmungen der §§8 und 21 verstoßen
  2. sich als ungeeignet zu Kleinsiedlern oder unwürdig erweisen oder
  3. mit Zahlungen… länger als mit 6 Monatsraten in Verzug kommen.

§21
… Die Siedler verpflichten sich, dafür zu sorgen, daß die einheitliche Gestaltung der Siedlerstellen dauernd gewährleistet ist. Die Siedler haben Kenntnis, daß das Abfuhramt der Stadt Chemnitz den ihm gehörenden Weg von der Stollberger Straße nach dem Behältergrundstück (heute: Meisenweg) nur unter folgenden Bedingungen widerruflich zur Benutzung freigegeben hat:

  1. Der Weg darf von den Siedlern und sonstigen dritten Personen nur mit Lasten bis zu 2 to befahren werden.
  2. Das Anhalten und Stehenlassen von Fahrzeugen ist verboten.
  3. Die Benutzung des Weges geschieht auf eigene Gefahr der Siedler.

§22
Die Stadt ist berechtigt:

  1. auf dem … Grundstück eine Schleuse, die der Entwässerung dient, einzubauen und zu unterhalten…
  2. für immer eine Wasserleitung durchzuführen, die in etwa 1 m Abstand von der Einzäunung des Grundstückes entlang der Straße verläuft.